Freimütige Rechtsauslegung

Für einen Juristen praktiziert der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) eine ziemlich kühne Rechtsauslegung, wenn er meint, die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung (WBF) „steht aus unserer Sicht dem Förderalismusgedanken entgegen“ (OÖN, 19.3.2023). Denn wenn eine Abgabe explizit als Wohnbauförderung bezeichnet ist, dann hat sie gefälligst auch diesem Zweck zu dienen, also der Wohnbauförderung und nicht als „Kleingeld“ zum Stopfen von Budgetlöchern etc.

Fakt ist, dass alle Unselbständigen ein Prozent ihres Bruttoeinkommens als Wohnbauförderung zu leisten haben. Und zwar jeweils ein halbes Prozent als Dienstnehmer*innenbeitrag und ein halbes Prozent als Dienstgeber*innenbeitrag als sogenannte „Lohnnebenkosten“, de facto also als Lohnbestandteile die für die Funktionsweise des Sozialstaates zu verwenden sind. Im Jahre 2021 wurden auf diese Weise bundesweit immerhin 1,23 Milliarden Euro eingehoben, davon 220 Millionen Euro in Oberösterreich, der zweithöchste Anteil nach Wien.

Nun ist Stelzer allerdings nicht allein in punkto freimütiger Auslegung gesetzlicher Bestimmungen. Bereits in den 1980er Jahren erfolgte eine Verländerung der Wohnbauförderung. 2001 wurde von der damaligen schwarz-blauen Regierung unter Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) die Zweckwidmung aufgeweicht – um sie 2008 von der rot-schwarzen Regierung unter Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) gänzlich abzuschaffen. Das gelegentlich aufkommende Klagen über die Zweckentfremdung der Wohnbauförderung seitens der SPÖ muss demnach als Akt einer unfreiwilligen Selbstkritik interpretiert werden. Bereits 2013 bezeichnete Bau-Holz-Gewerkschaftschef Josef Muchitsch im Zuge einer bundesweiten Tour mit dem Strategiepapier „Wohnen 2020“ die Verländerung und Abschaffung der Zweckbindung als „ein Fehler, den es nun zu korrigieren gelte“ (Standard, 25.1.2013).

In der Folge konnten die Bundesländer die ihnen zufließenden Milliarden aus der Wohnbauförderung nach Belieben verwendet werden, für das System der Wohnbauförderung – das mit einer zweiten Komponente aus Rückzahlungen vom Land gewährter Wohnbaudarlehen finanziert wird – waren die WBF-Mittel allerdings nicht mehr zwingend.

Nun hat der amtierende Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) in seiner durchwegs rückwärts gewandten Rede „zur Zukunft der Nation“ als einen der wenigen Lichtblicke die Wiedereinführung der Zweckbindung genannt. Aus Gründen der „fiskalpolitischen Hygiene“ plädiert Wolfgang Amann, Leiter des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen in Wien, für die Wiedereinführung der Zweckbindung und meint, diese Gelder vorwiegend für Klimaschutz und Dekarbonisierung von Wohnbauten zu verwenden.

Das Bundeskanzleramt will die Kanzler-Ansage in die jetzt begonnenen Verhandlungen um den neuen Finanzausgleich – der die Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu regeln hat – einbringen. Und hier hakt LH Stelzer ganz im föderalistischen Überschwang ein. Sein Credo ist nämlich „den Ländern mehr Budgetautonomie zuzugestehen“ und somit sieht er mit einer Zweckbindung der WBF-Mittel eben den Föderalismusgedanken in seiner überbordenden Auslegung der amtierenden Landesfürsten gefährdet.

Stelzer und seinem Kompagnon LHStv. Manfred Haimbuchner (FPÖ) schwebt nun vor, die Mittel aus der Wohnbauförderung voll und ganz für die Häuslbauerei zu kanalisieren, weil es „für viele Landsleute fast unmöglich geworden sei, ein Eigenheim zu realisieren“. Ganz so, als es ein Menschenrecht auf ein Eigenheim – maßgeblich finanziert aus Steuergeld – gäbe. Und Stelzer argumentiert dazu, dass in Oberösterreich 2023 in Summe mit 313,7 Mio. Euro ohnehin mehr Mittel für Wohnbau ausgegeben würden als die voraussichtlichen Einnahmen aus dem WBF-Beitrag mit 232 Mio. Euro.

Den Zynismus der vorrangig auf die Förderung von Eigentum ausgerichteten Wohnbauförderung des Landes macht Haimbuchner mit der Aussage deutlich, „die Bundesregierung sollte sich eher um die echten Probleme wie die Bekämpfung der Inflation und die Steigerung der Miet- und Energiekosten kümmern“. Ganz so, als ob die Debatte um die Verwendung der Wohnbauförderungsmittel damit gar nichts zu tun hätte.

Leistbares Wohnen kann allerdings nur dann gesichert werden, wenn die Mittel der Wohnbauförderung auf die Errichtung bzw. Sanierung im sozialen Wohnbau durch Gemeinden und gemeinnützigen Bauvereinigungen konzentriert werden. Die Schieflastigkeit der jetzigen Förderungspolitik wird aber bereits daran deutlich, dass etwa 2022 in Oberösterreich den 1.559 geförderten Mietwohnungen 1.744 Förderungen für Eigentum (1.136 Eigenheime, 608 Eigentumswohnungen) gegenüberstanden (OÖN, 28.2.2023).

Wer unbedingt Wohnungseigentum erwerben will, kann das nach eigenem Ermessen und Vorhandensein entsprechender finanzieller Mittel tun. Aber es darf nicht Aufgabe der öffentlichen Hand sein, zig Millionen an Steuergeld zweckentfremdet für die Schaffung privaten Eigentums zu verwenden. Der Sager des ehemaligen oberösterreichischen SPÖ-Wohnbaulandesrates Leo Habringer in den 1970er Jahren „Wer Eigentum will, muss sich das mit eigenen Mitteln schaffen, nicht aber mit Steuergeldern“ hat seine Berechtigung auch heute nicht verloren.

Immer Tempo

Der „Leuchtturm“ führte seine Erfinder in eine Sackgasse. Dabei haben sich die Industrie als Initiator und der oö LH Thomas Stelzer (ÖVP) als willfähriger Umsetzer das Projekt als „g´mahde Wiesn“ vorgestellt. Die Rede ist vom Projekt Digital-Uni in Linz, die offiziell als Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) firmiert und als Paradeprojekt für den „Standort Oberösterreich“ und den neoliberalen Digitalisierungswahn gilt.

Das Projekt entstand im Sommer 2020, angeblich als türkise „Morgengabe“ des damaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz für Oberösterreich im Wahljahr 2021. Der Plan sah vor, dass bereits mit dem Herbstsemester 2023 die ersten Doktoratsstudien aufgenommen werden. Ein Ehrgeiz, vor dem etwa der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) warnte.

Luger forderte nach der Absage eines Hearings für die Besetzung der Führungsposition im Jänner 2023 ein Aussetzen des „irrationalen Zeitplans“ – der zudem „inhaltlich nicht ausgereift“ sei und nur aus „Überschriften und Platzhaltern“ bestehe (OÖN, 7.3.2023). Doch LH Stelzer und Minister Martin Polaschek (ÖVP) beharrten auf dem straffen Zeitplan, sie forderten den Uni-Betrieb schnellstmöglich aufzunehmen „damit niemand daran ruckeln kann“.

Nun aber kam im zweiten Anlauf des Hearings im März noch mehr Sand ins Getriebe, weil nicht – wie von VÖI und LH vorgesehen – der frühere Rektor der Johannes-Kepler-Universität, Meinhard Lukas, sondern mit vier gegen zwei Stimmen die Informatikprofessorin der TU Graz, Stefanie Lindstaedt, zur Gründungsrektorin des ISDA gewählt wurde. Erste Gratulationen von LH Stelzer und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) dürften freilich nur formal, der geäußerte Respekt vor der Entscheidung des Kollegiums nicht wirklich ernst gewesen sein.

So meinte VÖI-Landespräsident Stefan Pierer – bekannt als ÖVP-Financier – umgehend nach der Entscheidung „Ein befangenes Gremium hat nicht die beste Entscheidung getroffen“. Na klar, wer gegen die Wünsche der Industrie stimmt, muss befangen sein. Und die „OÖ Nachrichten“ orteten ein „Netzwerk der TU Graz“, das sich durchgesetzt habe – um spitz die „fehlende Netzwerkfähigkeit Oberösterreichs uns seiner Landespolitik“ anzumerken.

Aber wahrscheinlich hat sich LH Stelzer nicht klar genug ausgedrückt, wie aus einer Aussage der Unternehmerin Christina Rami-Mark, Vorsitzende des Gründungskonvents zu schließen ist: „Der Landeshauptmann hat mich und den Gründungskonvent stets darin bestärkt, uns für den bestgeeigneten Kandidaten oder die bestgeeignete Kandidatin zu entscheiden.“ (Standard, 11.3.2023)

Nun hatte es auch LH Stelzer nicht mehr mit Freundlichkeiten und Respekt und erklärte ganz unverblümt „Ich bin sauer“ (OÖN, 9.3.2023). Er warf dem Konvent „Unprofessionalität“ vor – um willfährig unterstützt von Minister Polaschek – neuerlich auf seinem Zeitplan „wie man sich vorstellt, dass die Gründung vonstattengehen kann“ zu beharren. Denn es solle allen bewusst sein, dass „Digitalisierung eigentlich auch immer Tempo heißt“. Ganz nach dem Qualtinger-Motto „Ich weiß zwar nicht, woich hinfahre, aber dafür bin ich schneller dort.“

Schon im Jänner 2023 zog sich Gerald Bast, Rektor der Universität für Angewandte Kunst in Wien entnervt aus dem Gründungskonvent zurück und meinte „Es war ein Punkt erreicht, an dem mit keinen sachlichen und inhaltlichen Entscheidungen mehr gerechnet werden kann“ (OÖN, 9.3.2023). So richtig die Sau herausgelassen hat nach dem Hearing der Industrielle Helmut Fallmann, Chef der Linzer IT-Firma Fabasoft und Mitglied des Gründungskonvents, mit Vorwürfen von Wahlbeeinflussung und Befangenheit in einer 13-seitigen Aufsichtsbeschwerde beim Ministerium die nach dem Willen von LH Stelzer im Eilzugstempo behandelt werden soll.

Dazu meinte Keya Baier vom ÖH-Vorsitzteam „Es muss verhindert werden, dass es rund um die Gründung des IDSA in Linz zu gravierender Einflussnahme seitens Politik oder Wirtschaft kommt, da so ein Präzedenzfall zu Stande käme, der auch zu ähnlichen Fällen in der Zukunft führen könnte. Die Autonomie der Hochschulen steht nicht zur Debatte” (OTS0084, 9.3.2023).

Das „Leuchtturmprojekt“ ISDA war allerdings von Anfang an ziemlich verkorkst. Schon zu Jahresbeginn 2022 hatte der Linzer KPÖ-Gemeinderat Michael Schmida das Projekt als „Gipfel der Zurichtung auf Wirtschaftsinteressen und Pervertierung der Idee einer Universität“ kritisiert (LPD 3.2.2022). Denn für diese „Universität neuen Typs“ ist eine eigene Organisationsstruktur außerhalb des Universitätsgesetzes vorgesehen, sie soll als GmbH geführt werden, demokratische Gremien wie Senat oder andere Kollegialorgane sind nicht vorgesehen. Mit 29 negativen Stellungnahmen war die Kritik an der Gesetzesvorlage für das ISDA ziemlich vernichtend (OE24, 19.5.2022). Zumal auch klar ist, dass die Finanzierung auf Kosten der schon bestehenden Universitäten erfolgen soll.

Was freilich die Betreiber kaltschnäuzig abschmetterten. So meinte etwa VÖI-Landesgeschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch „Notwendig ist ein Schulterschluss für das Jahrhundertprojekt statt Grabenkämpfe“ (Standard, 19.5.2022). Minister Polaschek bezeichnete den Vorwurf der Nähe zur Industrie als „Killerargument“ (OÖN, 19.5.2022). Und Ex-Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl orakelte: „Wir drohen das mit der Digital-Uni zu vergeigen“ (OÖN, 22.12.2021). Aber wahrscheinlich muss die Digital-Uni „als Fußabstreifer für die Verfolgung persönlicher und politischer Interessen herhalten“ (Kurier OÖ, 12.3.2023).

Sozialpartner auf Irrwegen

Mittlerweile erkennt man – allen Lobliedern zum Trotz die in Sonntagsreden über die Sozialpartnerschaft geschwungen werden – auch in Gewerkschaftskreisen zunehmend, dass diese quasi zum „Nationalheiligtum“ erklärte Institution und die damit verbundene Politik nicht mehr so geschmiert läuft wie das in den Jahren des unendlich erscheinenden Wirtschaftsaufschwunges bis in die 1980er Jahre als gottgegeben angenommen wurde.

Mit dem Wegfall der Systemkonkurrenz konnte auch in Österreich ab Anfang der 1990er Jahre das Kapital die Sau rauslassen und auf bis dahin übliche Rücksichtnahme gegenüber der arbeitenden Klasse zunehmend verzichten. Das zeigte sich nicht nur bei KV-Verhandlungen – etwa als in der Metallbranche die bis dahin üblichen einheitlichen Verhandlungen auf sechs Industriegruppen aufgesplittet wurden.

Nach dem Motto „Teile und herrsche“ sollte damit die Kampfkraft der Lohnabhängigen bzw. ihrer Gewerkschaften geschwächt und die Konkurrenz der arbeitenden Menschen untereinander forciert werden. Speziell in schwarz-blauen bzw. schwarz-grünen Regierungszeiten, als die SPÖ nicht mehr an den Schalthebeln der Macht war und die Gewerkschaft wie selbstverständlich Minister stellte, wurde spürbar, dass von oben herab Kapitalwünsche auf Kosten der Lohnabhängigen zunehmend offenherzig durchgeboxt wurden und werden.

Bei allem Frust über das zunehmend unverschämte Agieren der Kapitalseite setzen allerdings immer noch manche Spitzengewerkschafter auf das in die Jahre gekommene Modell, dessen Basis die Behauptung ist, dass die Eigentümer der Produktionsmittel und deren Lohnsklaven auf einem gemeinsamen Ast sitzen würden an dem keinesfalls gesägt werden dürfe. So einer ist Bau-Holz-Gewerkschafter und FSG-Boss Josef Muchitsch, der völlig unzeitgemäß immer noch in der unsäglichen Betonierer-Tradition seines Vorgängers Franz Olah agiert, der 1950 mit kräftiger Unterstützung des US-Geheimdienstes CIA beim Oktoberstreik protestierende Arbeiter*innen niederknüppeln ließ.

Jüngstes Beispiel einer solchen sozialpartnerschaftlicher Kooperation ist ein gemeinsames Auftreten von Muchitsch mit dem Bundesinnungsmeister der Bauwirtschaft, Robert Jägersberger. Gemeinsam machten sich die beiden dafür stark, dass unter dem Motto „Kreditbremse kostet Arbeitsplätze und lässt Traum vom Eigenheim platzen“ (OTS0078, 10.2.2023) die von der Finanzmarktaufsicht erlassenen Kriterien für die Vergabe von Krediten für „Häuslbauer“ aufgeweicht werden sollten.

Die aktuelle Verordnung erlaubt nämlich Immobilienkredite über 50.000 Euro nur mehr dann, wenn mindestens 20 Prozent Eigenmittel aufgebracht werden, die monatliche Rückzahlungsrate unter 40 Prozent des Haushaltseinkommens beträgt und die Laufzeit mit 35 Jahren begrenzt wird. Da wird es für ein Objekt – egal ob Eigenheim, Eigentumswohnung oder Reihenhaus – mit Kosten von durchschnittlich 330.000 Euro freilich schon eng.

Die FMA hatte freilich diese Kriterien aus gutem Grund – und auch durch EU-Vorgaben – verschärft. Damit soll nämlich verhindert werden, dass angesichts wieder steigender Zinsen sich Menschen Hals über Kopf verschulden und mit dem Abzahlen teurer Kredite jahrzehntelang am Gängelband der Banken hängen, womit das geradezu als „Menschenrecht“ auf ein Eigenheim deklarierte Eigentum sehr schnell als gravierende Unfreiheit demaskiert wird.

Geradezu absurd dabei ist, dass die Befürworter von Lockerungen – vor allem der ÖVP und FPÖ – auch fordern, Wohnbauförderungen für Häuslbauer als Eigenmittel einzurechnen. Ganz so als ob es normal wäre, dass mit Steuergeldern Eigentum gefördert werden müsste, wie das leider seit Jahrzehnten der Fall ist. So standen etwa 2022 in Oberösterreich den 1.559 geförderten Mietwohnungen 1.744 Förderungen für Eigentum (1.136 Eigenheime, 608 Eigentumswohnungen) gegenüber (OÖN, 28.2.2023). Im Klartext wurde die Mehrheit der Förderungsgelder für den Erwerb von Eigentum aufgewendet statt wie eigentlich vorgesehen für die Errichtung leistbarer Wohnungen im sozialen Wohnbau.

Der ehemalige oberösterreichische SPÖ-Wohnbaulandesrat Leo Habringer hatte das in den 1970er Jahren mit dem Sager „Wer Eigentum will, muss sich das mit eigenen Mitteln schaffen, nicht aber mit Steuergeldern“ recht treffend auf den Punkt gebracht. Was allerdings auch seine SPÖ – die jahrzehntelang die Wohnbaureferenten des Landes stellte – nicht hinderte, zig Millionen Steuergeld für Häuslbauer aufzuwenden, statt diese in den sozialen Wohnbau zu pumpen.

Getoppt wird das aktuell von Burgenlands SPÖ-Chef und Landeshauptmann Doskozil: Dieser hat einen Frontalangriff auf den sozialen Wohnbau durch Gemeinden und gemeinnützige Bauvereinigungen gestartet. Er will die Wohnbauförderungsmittel in eine Tochtergesellschaft des Landes zur Errichtung von Eigenheimen umleiten, die nach 30 Jahren in den Besitz der „Häuslbauer“ übergehen (Standard, 1.2.2023). Das von der ÖVP seit langem propagierte Modell des Mietkaufs lässt grüßen.

Leider setzen auch sich als „gemeinnützig“ bezeichnende Wohnbaugesellschaften auf diesen falschen Kurs: „Häuser sind Ladenhüter“ titelt das Krawallblatt (Krone, 5.3.2023) und lässt der Geschäftsführer der GIWOG (Eigentümer Raiffeisen und Wiener Städtische), Wolfgang Modera über durch Teuerung und neue Kreditbestimmungen unverkäufliche Reihenhäuser klagen. Von 46 Interessent*innen für 14 Reihenhäuser der GIWOG in Feldkirchen (Bezirk Urfahr-Umgebung) zum Stückpreis von mehr als 0,5 Mio. Euro seien nur drei übriggeblieben.

Bezeichnend für den Auftritt von Muchitsch und Jägersberger ist freilich, dass in ihrem Plädoyer der soziale Wohnbau nicht vorkommt. Denn wenn es um Impulse für die Bauwirtschaft, sprich Arbeitsplätze, geht, müsste dieser an erster Stelle stehen. Der Bau von Eigenheimen erfolgt erfahrungsgemäß großteils durch Eigenleistungen und Nachbarschaftshilfe – sprich im Pfusch – und hat wenig Wirkung für Arbeitsplätze am Bau. Ganz anders als die Errichtung von leistbaren Mietwohnungen durch Gemeinden und gemeinnützige Bauvereinigungen, die tatsächlich auch für den Arbeitsmarkt am Bau ein wichtiger Impuls sind.

In Kombination mit einer desaströsen Raumordnungspolitik findet mit der „Häuslbauerei“ bereits seit Jahrzehnten eine – in Oberösterreich etwa im Vergleich mit dem benachbarten Bayern unschwer feststellbare – die Umwelt zerstörende und die Infrastruktur schwer belastende Zersiedelung des Landes statt. Damit wird nicht nur der in den Sonntagsreden von Kapital, Politik und Medien propagierte Traum vom individuellen Wohnen ad absurdum geführt.

Der Schriftsteller Robert Menasse brachte diese Melange recht treffend auf den Punkt: „Ich finde, dass sehr viele Häuslbauer-Häuser viel weniger ins Landschaftsbild passen als ein Minarett“ (Standard 2./3.10.2010). Diese Entwicklung ist auch mit enormen gesellschaftlichen Kosten für die Aufschließung und Infrastruktur verbunden und stellt einen weiteren negativen Aspekt dar, der in Zeiten von Klimaschutz unverantwortlich ist.

Uneiniges Pack

Der „Schotterkönig“ Hans Asamer kaufte um 12,5 Mio. Euro diverse Grundstücke entlang der Autobahn A1 in Ohlsdorf zusammen, holte sich den Sanktus des Landes zur Rodung von 19 Hektar Wald und verkaufte das zum Betriebsbaugebiet „Ehrenfeld II“ arrondierte Areal um 29,5 Mio. Euro an den Immobilenhai VGP (Belgien).

Die Bundesforste steuerten „mangels forstlicher Nutzbarkeit“ 1,5 Hektar zu diesem Areal bei und geben sich jetzt reuig: „Es wird sicher kein Ohlsdorf 2“ geben meint ÖBf-Vorstand Andreas Gruber (OÖN, 2.2.2023). Von 600 Arbeitsplätzen an diesem „Leitstandort“ – womit Asamer, Land und Gemeinde lockten – blieb nichts übrig. Im Gegenteil: Im Jänner 2023 wurde das Betriebsbaugebiet auf der Plattform „Willhaben“ vom aktuellen Eigentümer CBRE (Texas) inseriert.

Auch Landesrat Achleitner (ÖVP) – der unter Missachtung aller kritischen Stimmen und negativer Gutachten der Naturschutzbehörde die Rodung ermöglichte – putzt sich ab, denn für Umwidmungen seien „die Gemeinden zuständig“ (Kurier OÖ, 29.1.2023). Ohlsdorf Bürgermeisterin Ines Mirlacher (SPÖ) fühlt sich „hingehalten“ (OÖN, 18.1.2023). Mitgegangen, mitgefangen. Nur Asamer lacht sich ins Fäustchen.

Café KPÖ #75

Antreten zur Systemrettung

Für Lohnschreiber des Austro-Kapitals ist es pures Gift: „Die Sache mit Marx und dem ökonomischen Selbstmord“ wetterte Josef Urschitz (Presse, 4.1.1023). Der Anlass dafür war die „Spiegel“-Coverstory „Hatte Marx doch recht?“ (Spiegel, 1/2023). Ausgangspunkt dafür der Sager von Ray Dalio: „Der Kapitalismus funktioniert so nicht mehr für die meisten Menschen“. Keine überraschende Aussage – würde sie nicht vom Gründer des weltgrößten Hedgefonds mit einem Vermögen von 22 Mrd. Dollar kommen.

Schon seit Jahren fordern Superreiche eine höhere Besteuerung des großen Reichtums. Dahinter ist die Selbsterkenntnis zu spüren, dass sich der Kapitalismus mit seiner extremen neoliberalen Dynamik immer stärker selbst in Frage stellt, wenn nicht rechtzeitig die Kurve gekratzt wird: „Werden gute Dinge übertrieben, drohen sie sich selbst zu zerstören. Sie müssen sich weiterentwickeln oder sterben“ so Dalio. Eine Abschaffung des Kapitalismus – wie das Urschitz & Konsorten befürchten – ist darin nicht zu erkennen.

Fakt ist, dass „die Globalisierung zerbröselt“, sich die Welt in „feindseligen Blöcken“ verschanzt, die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinanderdriftet und die überfälligen Klimaziele verpasst werden. Ebenso, dass die Wohlstandsgewinne infolge der – bislang als Einbahnstraße zugunsten des reichen Nordens betrachteten – Globalisierung beim obersten Zehntel der Bevölkerung landen, ein „wahnwitziger Ressourcenverbrauch“ den Planeten ruiniert und die Finanzindustrie in „immer neuen Exzessen“ schwelgt. Der britische Wirtschaftshistoriker Adam Tooze dazu: „Willkommen in der Welt der Polykrise“.

Sogar die „Financial Times“ propagiert eine neue Wirtschaftsordnung und meint, dass „der Neoliberalismus von der Weltbühne abtrete“. Auch dort dürfte erkannt werden, dass ein „Klimakiller-Kapitalismus“ der auf „immer mehr Konsum, Profit, Wachstum“ getrimmt ist keine Zukunft hat, zumal im industriellen Kapitalismus „grundlegend neue Ansätze, wie wir wirtschaften, arbeiten und teilen wollen nie durchzusetzen waren“. Daher wird einem „sanfteren Kapitalismus“ der „gerechter, nachhaltiger“ ist, das Wort geredet, mit „weniger Markt, mehr steuerndem Staat und weniger Wachstum“. Sogar Japans Ministerpräsident Fumio Kishida wirbt für ein „Kapitalismus-Upgrade“.

Der japanische Philosoph Kohei Saito erinnert, dass Karl Marx schon vor 150 Jahren die Gefahren für den Planeten erkannt hat. Saito kritisiert die „Exzesse der Globalisierung“ und resümiert, dass die vom Wachstum getriebenen neoliberalen Maßnahmen wie Deregulierung und Beschneidung des Sozialstaates „soziale Gräben und Instabilität“ hinterlassen haben. Die wenig verbindlichen Nachhaltigkeitsziele der etablierten Politik seien das „neue Opium für die Massen“.

Beim Zusammenhang von Klimakrise und Kapitalismus stellen sich die Apologeten des Systems taub und blind. Daher wohl auch das Wüten gegen die als „Terroristen“ verleumdeten Klimaaktivist*innen. Erschreckend muss da wohl auch sein, wenn in den USA 49 Prozent der 18- bis 29jährigen eine positive Meinung über den Sozialismus haben, was auch immer darunter verstanden wird.

Der – nach dem Wegfall der Systemkonkurrenz – entfesselte neoliberale Kapitalismus ist eigentlich schon mit der Finanzkrise gescheitert. Allerdings kann sich ein Großteil der Menschheit eher das Ende der Welt als ein Ende des Kapitalismus vorstellen. Zu tief sitzt nach wie vor – getragen von Medien und Politik – die neoliberale Hegemonie nach dem Motto „There is no Alternative“ der britischen Ex-Ministerpräsidentin Thatcher.

Ausgeklammert wird im „Spiegel“-Aufmacher das Privateigentum an Produktionsmitteln als Grundlage und der Zwang zum Maximalprofit als Antriebskraft des Kapitalismus. Auch wenn eingeräumt wird, dass US-Präsident Clinton und der deutsche Kanzler Schröder die Deregulierung am „schärfste vorangetrieben“ hatten.

Hinter dem Marx-Revival steckt nicht die Infragestellung, vielmehr die Systemerhaltung des Kapitalismus wie schon der Titel „Auf die sanftere Tour“ deutlich macht. Etwa wenn sich 200 US-Konzerne nicht nur den Aktionär*innen, sondern „allen Stakeholdern“, also Kund*innen, Personal und Geschäftspartner*innen verpflichtet sehen. Sehr gelegen kommt da die britische Ökonomin Dort Shafik, welche die Geldflüsse „neu fokussieren“ will, aber „nicht über einen noch ausgeprägteren Sozialstaat“. Ganz neoliberal meint sie: „Der Staat darf nicht erst umverteilen, dann hat er bereits versagt“.

Und weil alles mit allem zusammenhängt wird also letztlich kein Weg daran vorbeiführen auch alles zugleich zu ändern, wie die deutsche feministisch-marxistische Philosophin Eva Redecker klarstellt: Die Besitzverhältnisse, die Geschlechterordnung und die „Erschöpfung der Natur“.

Die Arbeit, 1/2023

Versteckte Attacke

Als „Teuerungsentlastung“ getarnt wird ab 2023 der Dienstgeberbeitrag zur Unfallversicherung von 1,2 auf 1,1 Prozent gesenkt. Die Regierung agiert als Erfüllungsgehilfe der Wirtschaft bei der Senkung von Lohnnebenkosten.

Gleichzeitig wurde auch die Ausgleichszahlung der AUVA an die ÖGK für die Behandlung von Arbeitsunfällen neu geregelt – und damit wird die Verantwortung der Arbeitgeber*innen für die Heilbehandlung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten auf die Krankenversicherung abgewälzt.

„Es geht um Milliarden, die im System versickern“ präsentierte ganz alarmistisch Ex-Chefredakteur Gerald Mandlbauer dazu passend den selbsternannten „Sicherheitsapostel“ Herbert Willerth, früher Vize-Boss von Borealis (OÖN, 13.1.2023). Garniert mit einer massiven Attacke auf die als „Koloss“ denunzierte AUVA, deren Tätigkeit als ineffizient abgestempelt wird.

Aus der Sicht von Willerth ist die Unfallversicherung geradezu hinderlich, damit würde nämlich die Betriebssicherheit „externalisiert“. Stattdessen propagiert der „Sicherheitsapostel“ ein Bonus-Malus-System. Und weil die AUVA seine Rezepte nicht mit Jubel aufgenommen hat, fühlt sich Willerth zutiefst gekränkt. Wies doch AUVA-Landesstellenleiter Erhard Prugger diesen Angriff umgehend als falsch zurück.

Unschwer ist zu erkennen, dass die Attacke auf die AUVA auf noch mehr Effizienz im Arbeitsprozess zielt. Denn die von Willerth als Grundlage seiner „Erkenntnisse“ und „Rezepte“ herangezogenen durch Arbeitsunfälle verloren gegangenen Arbeitsstunden können sehr unterschiedlich interpretiert werden. Was bleibt ist die Fortsetzung der Kampagne zur Senkung der Unfallversicherungsbeiträge – auf Kosten notwendiger Leistungen infolge von Arbeitsunfällen.

Die Arbeit, 1/2023

Finanzbasis der Gemeinden

Gut funktionierende Staatswesen brauchen ein ausdifferenziertes Steuersystem. Das gilt insbesondere für die Aufrechterhaltung des in Jahrzehnten erkämpften Sozialstaates. Steuern sind Lenkungsmöglichkeiten und sollen einen Ausgleich zwischen Gruppen mit großem und kleinen Einkommen und Vermögen schaffen.

Seit Jahren kommt die Debatte über die Besteuerung großer Vermögen nicht vom Fleck, weil sich Superreiche dagegen sperren und den Mittelstand in Geiselhaft nehmen. Modelle gehen von einer Besteuerung von Vermögen – ob in Form von Geld, Immobilien oder sonstigen Werten – ab einer Million Euro aus, sodass normale „Häuslbauer“ nicht darunter fallen würden. Treffen würde es also die 248.000 Euro-Millionär*innen.

Eine Vermögenssteuer ist auch die Grundsteuer, die eine wichtige Grundlage der kommunalen Finanzen ist. Sie wird als Grundsteuer A ermäßigt für landwirtschaftlich genutzte und als Grundsteuer B für alle anderen Grundstücke eingehoben. 2020 waren das bundesweit aber nur 713 Mio. Euro (ÖGZ, 10/2022). Im Vergleich brachte sogar die GIS-Gebühr mit 933,5 Mio. Euro mehr ein.

Dass die Grundsteuer trotz hunderten Milliarden Grund- und Immobilienvermögen so wenig einbringt liegt an der fehlenden Valorisierung. Diese Steuer wird nämlich nach dem in den 1970er Jahren festgelegten Einheitswert bemessen. Daher stieg sie von 2009 bis 2019 nur um 22 Prozent, hingegen die Ertragsanteile der Gemeinden um 44 Prozent und der Verbraucherpreisindex um 38 Prozent.

Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt die unterbliebene Aktualisierung der Einheitswerte durch die Finanzverwaltung kritisiert. Der Städtebund sieht die Einnahmequelle der Gemeinden in Gefahr, sollte sie vom VfGH als verfassungswidrig erklärt – und mangels Neuregelung abgeschafft – werden wie das 2008 bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer der Fall war.

Ebenso urgiert der Städtebund eine Anpassung an die tatsächliche Wertentwicklung, also eine Bemessung nicht nach fiktiven Einheitswerten, sondern nach dem Verkehrswert der Grundstücke. Aber nach dem Finanzausgleichsgesetz 2017 wurde vom Finanzministerium die beschlossene Arbeitsgruppe zur Grundsteuerreform nicht mehr eingeladen. Die ÖVP-Finanzminister fühlen sich wohl den mafiösen Strukturen der Grundstücks- und Immobilienspekulation mehr verbunden als Gemeinden und Mieter*innen.

Wird gegen eine Vermögenssteuer argumentiert, dass die Reichen ihre Kohle dann ins Ausland schaffen würden kann dies für die Grundsteuer nicht geltend gemacht werden. Eine Reform würde nicht nur die Finanzgrundlage der Gemeinden verbessern, sie hätte auch einen wichtigen politischen Lenkungseffekt. Etwa durch eine entsprechend hohe Grundsteuer C auf unbebaute Grundstücke um so der Spekulation – und damit dem Anstieg der Wohnkosten – entgegenzuwirken.

Eine grundlegende Frage – die leider vom Städtebund nicht erwähnt wird – ist allerdings auch, die Überwälzung der Grundsteuer im Wege der Betriebskosten von den Eigentümer*innen von Mietwohnungen auf die Mieter*innen abzuschaffen. Denn solange dies möglich ist, ist die Grundsteuer keine wirkliche Vermögenssteuer, sondern nur eine Zusatzbelastung der Mieter*innen.

Die Arbeit, 1/2023

Schwarze Machinationen

Bis die Verstaatlichte zerschlagen und der Verteilungsspielraum ausgereizt war bediente die SPÖ recht erfolgreich ihr Klientel nach der simplen Rechnung: Wir sorgen für Job, Wohnung, Aufstieg etc., du wählst uns brav, aber wir machen die (sozialpartnerschaftliche) Politik. Derart entpolitisierte Lohnabhängige wandten sich der FPÖ zu, welche die enttäuschten Massen mit Neid und Hass für Zugewanderte bediente.

Ähnlich aktuell die ÖVP, sie „zeigt ihrer Klientel gerade, warum es wichtig ist, dass sie regiert“ (Standard, 11.1.2023). Etwa durch „milliardenschwere Zuschüsse und Entlastungen für den (oberen) Mittelstand“, Senkung der Körperschaftssteuer, Abschaffung der „kalten Progression“ von der Gutverdienende am meisten profitieren, Senkung der Grunderwerbsteuer beim Erstkauf einer Immobilie, Senkung der Dienstgeberbeiträge für die Unfallversicherung. Dazu Forderungen nach Steuerbegünstigung für Überstunden oder Abgabensenkung bei Arbeit in der Pension. Der grüne Regierungspartner gibt nach dem Motto „Wichtig ist zu regieren, alles andere ist Bockmist“ (Franz Müntefering, Ex-SPD-Vorsitzender) seinen Sanktus dazu.

„Tanner düpiert Van der Bellen“ (Standard, 17.1.2023), indem die stramme Heeresministerin auch um den Preis einer neuen Stellenbeschreibung einen schwarzen Parteigünstling zum Chef des Truppenübungsplatzes Allentsteig machen will. Vorexerziert hat das ÖVP-Klubchef Wöginger, als er einen schwarzen Bürgermeister zum Finanzamtsleiter in Braunau machte und eine aus der Finanzverwaltung kommende qualifizierte Bewerberin düpierte. Und die 300.000 Chats des Thomas Schmid bringen laufend neue Interventionen einer unsäglichen Klientelpolitik zutage. Korruption in Reinkultur für das Klientel also.

Die Arbeit, 1/2023

Ignoranz der Politik

„Wir suchen händeringend nach Mitarbeitern“ verkündet die für das Spitalswesen zuständige LH-Stellvertreterin Christine Haberlander (Kurier OÖ, 22.1.2023). Im zweiseitigen Interview bleibt die ÖVP-Politikerin aber auffallend nichtssagend. Von ihr genannte Zahlen verdeutlichen aber, dass die Spitalsmisere in Oberösterreich vor allem ein Problem des Linzer Kepler Universitäts Klinikums (KUK) ist. Während die Wartezeiten auf Operationen in ländlichen Regionen durchschnittlich zwischen vier und 16 Wochen betragen, liegt dieser Wert im Med Campus des KUK bei 44 Wochen.

Das ist für die in Oberösterreich allmächtige ÖVP mehr als peinlich. War doch die Einrichtung der Medizinischen Fakultät an der Johannes-Kepler-Universität – samt des damit verbundenen KUK – ein Leuchtturmprojekt von LH Thomas Stelzer, mit welchem dem Ärztemangel entgegengewirkt werden sollte. Nun wird aber Professoren des KUK vorgeworfen sich „primär mit Forschung und Lehre zu beschäftigen“, was Haberlander mit dem Stehsatz „es hilft uns weder ein Krankreden noch ein Gesundbeten“ weggeredet wird und sie von „neuer Ehrlichkeit“ im Gesundheitswesen schwadroniert.

Laut einer IMAS-Studie hat die Hälfte der 15.000 Beschäftigten in den Spitälern der OÖ Gesundheitsholding schon einmal überlegt den Job zu wechseln. Sogar OÖGH-Boss Franz Harnoncourt bezeichnet die Personalsituation als „ausgesprochen angespannt“ (OÖN, 20.1.2023). Detailergebnisse der Studie hält man aber unter Verschluss. Jedenfalls brennt der Hut und der KUK-Betriebsrat – für Haberlander das Feindbild schlechthin – kündigt nach Betriebsversammlungen als „Plan B“ schon an: „Es geht in Richtung Streik“ (OÖN, 28.1.2023). Der mittlerweile freilich wieder abgeblasen wurde.

Die Arbeit, 1/2023

Milliarden per Gießkanne

Österreich ächzt unter der hohen Teuerung. 2022 betrug die Inflation 8,6 Prozent – der höchste Wert seit 1974. Ausgehend von den Energiepreisen pflanzte sich die Teuerungswelle bei Nahrungsmitteln, Dienstleistungen und Industriegütern fort.

Die schwarz-grüne Regierung reagiert mit Staatshilfen in Milliardenhöhe „Koste es was es wolle“ – es ist ja nur unser eigenes Steuergeld. Dabei wird „schon sehr viel Gießkanne eingesetzt“ kritisiert sogar Wifo-Chef Felbermayr (Presse, 24.1.2023).

Österreich liegt bei der „Kerninflation“ – also unter Herausrechnung der Energiepreise – deutlich über der Eurozone. Felbermayr führt das auf die „überdimensionierten, wenig treffsicheren“ Corona- und Energiehilfen zurück. Und Ökonomen befürchten in überzogenen Förderungen den „Inflationsschub von morgen“ (Presse, 26.1.2023).

Schon die 47 Mrd. Euro Corona-Hilfen – großteils für Unternehmen – führten zu Verwerfungen. Laut Studie der Nationalbank (OeNB) stiegen dadurch die Vermögenswerte von 122.000 untersuchten Firmen um 4,4, das Eigenkapital um 7,5 und die Cash-Reserven um 17,5 Prozent. Hingegen sank die Zahl der Firmenpleiten von 2019 bis 2021, während die Zahl der Firmen stieg.

Die Russland-Sanktionen sind ebenso wenig die Ursache der Teuerung wie FPÖ-Chef Kickl meint wie eine von der SPÖ forcierte Senkung der Mehrwertsteuer eine Lösung. Vielmehr gilt es, das Primat der Politik gegenüber der Wirtschaft wieder herzustellen. Was die Regierung durch Zuschüsse Marke Gießkanne mit Steuergeld praktiziert ist ein Freibrief für Maximalprofite. Zumal eine Gegenfinanzierung durch Abschöpfung der Übergewinne sowie längst fällige Vermögens- und Erbschaftssteuern fehlt. Im Klartext sind klare Preisregelungen für Energie, Mieten und Grundnahrungsmittel notwendig.

Die Arbeit, 1/2023, Cartoon Karl Berger

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