Im Dickicht der Subventionen

Leicht macht es die oberösterreichische Landesregierung ihren Landesbürger*innen nicht Einblick in das Geflecht der Förderungspolitik des Landes zu gewinnen. Zwar sind die Förderberichte seit einigen Jahren rückwirkend bis 2006 auf der Website des Landes verfügbar und können seit 2017 auch nach Empfänger*innen abgefragt werden.

Doch weiterhin ist der Bericht bewusst in hunderte Budgetposten aufgesplittet und gibt es – im Gegensatz etwa zum Förderbericht der Stadt Linz – weder eine Gliederung nach Empfängergruppen noch einen Download des gesamten Förderberichts. Wirkliche Transparenz sieht also anders aus und das gilt auch zum kürzlich veröffentlichen Förderbericht 2020 der oö Landesregierung.

Immerhin geht es dabei um ein Gesamtvolumen von 1,82 Mrd. Euro an 9.860 Empfänger – davon 387 Mio. Euro „Ermessensausgaben“ über welche die Landesregierungsmitglieder im jeweiligen Ressort eigenständig entscheiden können – eine Summe in welcher allerdings auch „große Brocken“ für Pflichtausgaben wie Wohnbauförderung, Abdeckung von Spitalsdefiziten, Bedarfszuweisungen für Gemeinden, Verkehrsverbund oder Kindergärten enthalten sind.

Förderungen bis 2.000 Euro (2020 in Summe 41,5 Mio. Euro, davon 18,6 Mio. Euro „Ermessensausgaben“) werden aus Datenschutzgründen – etwa Unterstützung in sozialen Notlagen oder 14.500 Anträge auf Fernpendelbeihilfen – nicht veröffentlicht. Laut Büro von LH Stelzer würde nämlich eine Veröffentlichung zu einer „Unübersichtlichkeit“ führen. Völlig unverständlich ist hingegen, dass „in begründeten Fällen einzelne Wirtschafts- und Forschungsförderungen mit besonderer Sensibilität für den Standort Oberösterreich ebenfalls von einer Veröffentlichung ausgenommen werden“ – eine Geheimniskrämerei pur die jeder elementaren Transparenz widerspricht.

Besonders interessant am Förderbericht ist zwangsläufig die Förderung der Landtagsparteien und der ihnen nahestehenden Organisationen. Auch 2020 haben die vier im „Hohen Haus“ vertretenen Parteien bei den Förderungen kräftig in die Kasse mit dem Steuergeld gegriffen. Sie kassierten direkt satte 25,85 Mio. Euro (ÖVP 9,94, FPÖ 7,81, SPÖ 5,49, Grüne 2,62) an Parteienförderung auf Landesebene (19,29) und Gemeindeebene (3,57), Klubförderung (1,26) und für Gemeinderatsschulungen (1,74).

Darüber hinaus kassierten die vier Parteien 2020 für die politische Arbeit von als parteinahe bekannten Vereine weitere 6,52 Mio. Euro (ÖVP 2,25, FPÖ 1,90, SPÖ 1,10, Grüne 1,28). Die Förderungen für von parteinahen Organisationen erbrachten Leistungen in den Bereichen Kinder- und Jugendeinrichtungen, Sportstätten, Studierendenheime, Soziales oder Wohnbau durch Wohnbaugesellschaften im Besitz von Landtagsparteien betrugen 2020 zusätzlich 39,35 Mio. Euro (ÖVP 24,13, FPÖ 0,12, SPÖ 15,10, Grüne null).

Wohl nicht zufällig bezeichnet sogar Landesrechnungshof-Boss Friedrich Pammer die Förderungen für parteinahe Organisationen als „Blackbox“ (OÖN, 24.7.2021). Denn im Förderbericht finden sich auch höchst fragwürdige Subventionen. Etwa für den „Liberalen Klub“ der FPÖ (97.000), einen „Freiheitlichen Arbeitskreis Attersee“ (105.000) und den „Landesdelegiertenconvent“ der FPÖ-nahen deutschnationalen rechtsextremen Burschenschaften (55.000). Der Geldregen für die „deutschen Burschen“ wurde zudem bis 2019 auch mit Zustimmung von SPÖ und Grünen abgesegnet, erst unter dem Druck der Antifa-Bewegung sprach sich 2019 die SPÖ, 2020 auch die Grünen dagegen aus.

Kurios ist auch, dass auch 2020 sowohl die – ohnehin aus Geldern der Arbeiterkammer und des ÖGB bedienten – FPÖ-Gewerkschaftsfraktionen AUF (55.000) und FA (105.000) als auch die den Grünen nahestehende AUGE (32.000) und GUG (13.000) mit Landesgeldern gefördert werden. Solche Eskapaden erklären sich wohl auch daraus, dass FPÖ und Grüne bei weitem kein so ausgebautes System von Vorfeldorganisationen aufweisen wie die „Altparteien“ ÖVP und SPÖ, wie sich insbesondere beim Missverhältnis der Förderung von Infrastruktureinrichtungen wie Heimen, Sporteinrichtungen oder sozialer Dienste durch parteinahe Organisationen zeigt.

Unverständlich sind auch die teilweise enormen Förderungen für Interessenvertretungen – vor allem Landwirtschaftskammer, Landarbeiterkammer, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung – die sich bekanntlich ja ohnehin durch ihre jeweilige Kammerumlage oder Mitgliedsbeiträge finanzieren. Gleiches gilt für Förderungen für schwerreiche Industriekonzerne, wie KTM, AMAG, Salinen, Fronius, Lenzing, Miba, Greiner, Borealis, Energie AG, MAN, Engel oder HABAU, von Banken und Versicherungen wie Oberbank, Raiffeisen, Sparkasse oder Uniqa oder von Kommerzmedien wie Krone oder OÖN, auch wenn es sich dabei oft nur um „Brösel“ handelt.

Neben Wien gilt auch Oberösterreich als Spitzenreiter bei der Parteienförderung, die vom Politik-Experte Hubert Sickinger als „Wettrüsten im Kalten Krieg“ bezeichnet wurde. Trotz einer zehnprozentigen Kürzung beim Sparpaket 2018 hat Oberösterreich nach Wien und Kärnten immer noch die dritthöchste Partei- und Klubförderung und wird diese jährlich entsprechend der Inflationsrate erhöht. Hingegen würde eine von der KPÖ vorgeschlagenen Kürzung der Parteienförderung auf zehn Euro pro Stimme für alle bei der letzten Wahl angetretenen Parteien eine Einsparung um rund zehn Mio. Euro bedeuten und würde zudem mehr Gerechtigkeit schaffen.

Bezeichnend ist, dass LHStv. Manfred Haimbuchner (FPÖ) schon vor Jahren eine „Darmspiegelung“ im Sozialbereich gefordert hatte – in Hinblick auf die extrem hohe Förderung der Landtagsparteien eine Provokation und Ausdruck des asozialen Zynismus der schwarz-blauen Landeskoalition wie sich etwa bei der Verschlechterung der Sozialhilfe und der Drangsalierung deren Empfänger*innen zeigt.

Denn die Großzügigkeit der Landtagsparteien sich selbst und der Wirtschaft gegenüber steht in einem provokanten Gegensatz zu den ständigen Rufen nach Einschnitten im Sozialbereich wie sie insbesondere vom unsoziale Duo Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP-Landesgeschäftsführer und „Sozialsprecher“) und Herwig Mahr (FPÖ-Klubchef) als verlängerter Arm der Industriellenvereinigung forciert werden.

Cartoon: Kronenzeitung